Long Distance Calling: Nucelus

The Flood inside ist ein merkwürdiges, seltsames, höchst bemerkenswertes Post-Rock-Album der Kapelle mit dem lustigen Namen „Long Distance Calling“. Beim ersten Durchhören wenig beeindruckend oder einprägsam, wird es mit jedem Hören facettenreicher und seltsamer. Das geht schon beim erste Song „Nucelus“ los. Er beginnt mit scheinbar vertrautem Rockgeklimpere, höchstens ein paar Soundeffekte, die irgendwie an einen Djungel erinnern sollen, Vögel und Rauschen oder so, aber im Grunde die ganze erste Hälfte lang grundsolide zeitgenössische Guitarrenkost. Ab Minute 3 sogar mit ein herrlichen Schwere und Wucht. Dann, ganz plötzlich, ab Minute 4 setzt eine Guitarre ein, wie sie Mark Knopfler selbst nicht direstraitsesquer hätte spielen können … die Singende Guitarre, sie ist von den Toten auferstanden und – zu meinem eigenen Erschrecken – sie gefällt.

Fugazi: I'm so tired

Wie groß die Bandbreite ist, die Fugazi musikalisch umspannen, lässt sich anhand dieses Songs von ihrem Doku-Album Instrument erahnen. Und nach mehr als drei Wochen ohne Sonne erhält das Lied an diesem Morgen schockierende Aktualität.

Foals: Inhaler

Wow, ich habe selten so schnell so viele Gitarren- und Bass-Covers bei YouTube auftauchen sehen, wie bei diesem Song. Foals sind zurück, das neue Album Holy Fire ernscheint im Frühjahr 2013. Die lange Wartezeit wird verkürzt von Inhaler, einem Kandidaten für den verstörenden Feel-Good-Hit des Winters in Sachen Rock.

Edie Sedgwick: Silver Bullets

Vor seinem Leben als Reinkarnation der berühmten Warhol-Muse war Edie Sedgwick auch unter dem Namen Justin Moyer bekannt und spielte bei Bands wie El Guapo oder Antelope (die ich übrigens beide nur empfehlen kann!). Nachdem Edie Sedgwick eine ganze Zeit nur Songs veröffentlichten, die nach Schauspielern benannt waren (Natalie Portman, Martin Sheen, etc.), ist Silver Bullets fast … Pop. Und damit doch wieder warhol’esque. Auf Deutschlandtour und heute Abend im Kafe Kult.

My Disco: Closer

Diese Band lässt sich nicht von irgendwelchen Spannungsbögen-Erwartungen ablenken und schafft damit: ihren eigenen Spannungsbogen. Im September auf Deutschlandtour.

Jesu: Small Wonder

Jesu machen inzwischen eine zugänglichere Variante dessen, was man sonst so in der Drone-Schublade verstaut. Und ich muss sagen, die neue Sanftheit gefällt mir. Kaum zu glauben, welch langen Weg Mastermind Justin Broadrick seit seiner Zeit bei Napalm Death zurückgelegt hat.

Jawbox: Savory

Jawbox kamen aus Washington D.C. und wurden deshalb häufig in die Fugazi-Klon-Schublade gesteckt (wie auch immer die aussehen mag). Ein Fehler, denn For Your Own Special Sweetheart ist beispielsweise ein ziemlich gutes Album.

Boris: Spoon

Boris aus Japan ist eine der wenigen Bands, die mich noch nie enttäuscht haben. Nun veröffentlichen sie gleich drei Alben auf einmal und kommen sogar auf Tour hierher. Was will man mehr? Vielleicht Attention Please (von dem Spoon stammt) und Heavy Rocks bei NPR im Stream hören und sich selbst ein Bild machen – denn die Spannbreite des Boris’schen Werks geht weiter über das hinaus, was ein einziger Song ausdrücken kann.